Damit können Sie Nachhaltigkeitsfonds checken – Praktische Tools

Weltweit werden Waldbrände, Überflutungen und Dürren häufiger und heftiger. Der jüngste Bericht des Weltklimarats bringt die bisherigen Erkenntnisse auf den Punkt: Es ist allerhöchste Zeit, unser Verhalten zu ändern, damit unsere Kinder und Enkel noch eine bewohnbare Erde haben. Beraterinnen und Berater haben in der Finanzwende eine große Verantwortung. Für die meisten waren non-financial values in der Vergangenheit gar nicht oder nur nachrangig von Bedeutung. Das ändert sich gerade. Für all Beratenden wird es immer wichtiger zu wissen, wie man an die nötigen Informationen kommt, um anlagegerecht und anlegergerecht zu beraten und zu vermitteln.

 Im Folgenden haben wir einige Tools zusammengestellt, die helfen sollen, die Investmentfonds auf Plausibilität zu prüfen: Entspricht der Inhalt der Aufschrift auf der Verpackung?

FNG-Nachhaltigkeitsprofile > https://forum-nachhaltige-geldanlagen.org/de/fng-nachhaltigkeitsprofile
Die Datenbank ist frei zugänglich und wird von der Geschäftsstelle des Dachverbands Forum Nachhaltige Geldanlagen zusammen mit einer unabhängigen Arbeitsgruppe betreut, zu der auch der Verfasser dieser Zeilen gehört. Sie umfasst derzeit rund 550 Fonds mit Sortierfunktion. Die wichtigsten ESG-Kernfragen sind dort erfasst. Für jeden Fonds steht das Profil als PDF zur Verfügung.

Nachhaltiges Investment > https://nachhaltiges-investment.org/
Diese frei verfügbare Datenbank des Sustainable Business Institute listet die wesentlichen Eckdaten von über 500 Fonds aus dem deutschsprachigen Raum (DACH-Region) und enthält eine Sortierfunktion.

Fondsweb > https://www.fondsweb.com/de/
Das Tool basiert auf der Datenlieferung von ISS FWW und enthält die Ratings von ISS ESG und climetrics vom Carbon Disclosure Project. Die wesentlichen finanziellen Daten zu den Fonds sind ebenfalls gelistet.

Faire-Fonds > https://datenbank.faire-fonds.info/
Datenbank von der NGO Facing Finance. Zu den erfassten Fonds werden die problematischen Titel nach sieben Themen-Clustern auf ihre echte Nachhaltigkeit berechnet. Das Verfahren ist nicht perfekt. Es beinhaltet nicht alle relevanten Nachhaltigkeitsfonds und alle kontroversen Unternehmen (330). Es liefert aber eine erste Einordnung.

Fondsprofessionell > https://www.fondsprofessionell.de/
Infoplattform mit Fondssuche. Die Bewertungen von Mountain View (MVA und EDA) sowie die Globen von Morningstar sind hinterlegt. Ein Factsheet kann nach Login individuell mit eigenem Logo aus den Daten erstellt werden.

Morningstar > https://www.morningstar.de/de/funds/default.aspx
Die umfangsreiche Datenbank liefert alle wesentlichen Daten zu Fonds. Es werden bis zu fünf Globen für die Implementierung von Nachhaltigkeitszielen vergeben zusätzlich zu den üblichen Rating-Sternen. Zu den drei ESG-Bereichen gibt es Score-Werte, die leider nicht transparent nachvollziehbar sind.

Cleanvest > https://www.cleanvest.org/de/
Cleanvest listet Fonds in Bezug auf Nachhaltigkeit nach zehn Kriterien (von Artenschutz über Bildung, frei von Kernenergie bis Grüne Technologien) auf der Grundlage der Züricher Research-Agentur RepRisk. Die Branchen- und Länderaufteilung ist optisch gut aufbereitet. Verantwortet wird Cleanvest von der ESG Plus GmbH in Wien.

 

Weitere Info-Quellen – kritisch betrachtet

Erwähnt seien weitere Online-Tools, die von Interessierten aufgerufen werden, ohne oder vor Konsultation einer Finanzberatung. Nach unserer Einschätzung enthalten sie zu viele Unzulänglichkeiten, als dass sie für die Recherche nützlich sind:

Geld bewegt > https://www.geld-bewegt.de/
Dies ist eine Website der Verbraucherzentralen. Sie ist nicht aktuell gepflegt und enthält zum Teil fachliche Fehler. Potenzielle Anleger*innen werden eher verwirrt und ratlos gelassen. Dies entspricht dem notorisch vorgetragenen Misstrauen gegenüber Fonds, Direktanlagen und Finanzberater*innen. Aufgrund der Förderung durch die Bundesregierung (BMU) genießen die Verbraucherzentralen einen Vertrauensvorschuss in Medien und Bevölkerung. Deshalb sollten Berater*innen wissen, welche Botschaften von dort gesendet werden. Diese sind in den Augen der VZ sowieso in erster Linie provisionsgeil.

MeinFairMögen > https://www.meinfairmoegen.de/
Diese Website wendet sich direkt an Menschen, die sich für nachhaltige Geldanlagen interessieren. Gestaltet und verantwortet wird die Seite von der 2-degrees-Initiative, einem Think tank, der u.a. mit Mitteln aus der EU gefördert wird bzw. wurde. Abgesehen von systematischen Schwächen wird die Fonds-Datenbank anscheinend seit einiger Zeit nicht mehr gut aktualisiert. Relevanter ist womöglich der interaktive Fragebogen, der die Präferenzen für Nachhaltigkeitsthemen erfragt. Allerdings ist die Multiple-Choice-Methode nur mit Abstrichen geeignet, um ein valides Anlegerprofil am Ende zu ergeben.

Siegel: Schon seit vielen Jahren wird ein Qualitätssiegel gefordert. Man möchte komplexe Dinge gern einfach haben, bei Lebensmitteln, Elektrogeräten und auch bei Geldanlagen. Bislang hat sich am Markt das FNG-Siegel (>https://fng-siegel.org/) etabliert, das zunehmend wichtiger wird. Alle Fonds, die sich bewerben, müssen Mindestkriterien erfüllen. Man könnte dies vergleichen mit der Qualifikation vor einer Teilnahme an einem Sportwettbewerb. Das Siegel wird von einem unabhängigen Expertengremium jeweils für ein Jahr vergeben. Zuletzt wurde das Siegel mit bis 3 Sternen an 168 Fonds für 2021 vergeben. Es zeichnet sich ab, dass es in der nächsten Runde wieder deutlich mehr sein werden.

Unser Rat an Sie: Wir empfehlen, alle Tools und Siegel anhand von mehreren Beispielen zu testen. Am Ende bleibt es aber in der Verantwortung der Beratenden, die Plausibilität des Nachhaltigkeitsanspruchs zu prüfen. Dabei helfen folgenden Fragen:

  • Finden sich in den Rechenschaftsberichten Titel von Unternehmen oder Staaten, die bekanntermaßen auf kontroversen Geschäftsfeldern aktiv sind?
  • Werden Anlagephilosophie und -strategie der Fonds transparent dargestellt?
  • Gibt es Informationen von dritter Seite (Medien, NGOs, Wissenschaft), die ein Pro oder Contra stützen?

In den nächsten Monaten werden sich alle Banken und Maklerplattformen mit der Evaluation von Nachhaltigkeitskriterien befassen und die Beratungsdokumente aktualisieren. Wir vom ö21-Netzwerk werden diese immer wieder unter die Lupe nehmen und überprüfen.

Ingo Scheulen, Kommunikationsbeauftragter von ökofinanz-21 e.V.