„Grüne“ Risiken am Kapitalmarkt? Zu „Report“ am 1.2.2022

Investigativer Journalismus ist wichtig. Leider oft aber scheinen die Recherchen bis zur Veröffentlichung einen Prozess der Pauschalisierung und Skandalisierung durchzumachen, bis die Ergebnisse vermeintlich konsumentengerecht und verzehrfertig aufbereitet sind. Große leider oft ungenügend hergeleitete Zahlen, belegt anhand von einem niederschmetternden Beispiel, und die Auffrischung bereits vorher ungenügend recherchierter Fakten verzerren die Wirklichkeit.

Beliebt hierbei ist auch das „Green-Bashing“. Das Motiv ist immer das Gleiche: wohlmeinende Bürger werden mit windigen Versprechungen aber in betrügerischer Absicht in vermeintlich nachhaltige und ökologische Investitionen hineingezogen, um sie danach nach Strich und Faden auszurauben. In der Folge wird reflexhaft mehr Klein-Anlegerschutz in dem sogenannten grauen und vermeintlich unregulierten Kapitalmarkt gefordert.

Es steht nicht in Abrede, dass es viel nicht funktionierende Investments gibt. Manchmal sicher geht es auch von vornerein um Selbstbereicherung, nicht um eine vernünftige und sinnvolle Geldanlage, von der auch die Geldgeber etwas haben (manchmal treiben auch Änderungen gesetzlicher Grundlagen Investitionen in die Schieflage, wie z.B. bei Solarinvestments in Spanien oder Italien vor einigen Jahren).

Leider ist das Phänomen weit verbreitet – und wird, sofern man es denn genau beziffern könnte, proportional in dem „konventionellen“ Kapitalmarkt wahrscheinlich mindestens genauso verbreitet sein. Man denk nur an die Milliardenverluste allein durch Wirecard. Und dies ist wohlgemerkt in einem regulierten Kapitalmarktbereich passiert. Es gibt aber auch unzählige Beispiele für Anlegerverluste in Container-, Flugzeug-, Immobilieninvestments und manch exotischer Anlagemöglichkeit.

Aber um ehrlich zu sein: meistens gilt ja doch der Spruch „Gier frisst Hirn“. Zu oft wird bei hohen Renditeversprechungen gerne und allzu schnell über die Risiken hinweggesehen oder werden diese nicht ausreichend hinterfragt. Die Rufe nach immer mehr Anlegerschutz entmündigen im Grunde die Anlegerinnen und Anleger und unterstellen Ihnen mangelnde intellektuelle Möglichkeiten, die Risiken zu verstehen. Genauso schalten Gier und finanzieller Druck bei den Anbietern und Vermittlern moralische Schranken aus.

Schwarze Schafe auf der Anbieterseite – ob “grün“ oder „konventionell“ – wird es leider auch immer geben wie in jedem anderen Geschäftsbereich. Da werden auch 20 zusätzliche Seiten Anlageberatungsprotokoll nichts ändern. Wünschenswert ist finanzielle Bildung auf Seiten der Anleger und eine ethische Grundhaltung auf Seiten der Anbieter.

Und eine Geldanlage muss mehr dann je als das verstanden werden, was sie eigentlich ist: ein Investment, das man mit seinem Geld unterstützt, weil man es für sinnvoll hält. Das Investment arbeitet, nicht das Geld!

Marcus Brenken