Offener Brief an die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Damen und Herren,

Genauso wie Bündnis 90/Die Grünen fordert auch unser Beraterverband mehr Transparenz und die Beachtung von ethisch-ökologischen und sozialen (Mindest-)Kriterien bei den öffentlich zum Vertrieb zugelassenen Finanzprodukten. In diesem Zusammenhang tauchte von Ihrer Seite die Forderung nach einem Institut „Finanzmarktwächter“ auf. ( … )

Bündnis 90/Die Grünen war (leider) im Vorfeld der letzten Bundestagswahl die einzige Partei, die umfassend auf den Fragenkatalog des Forums Nachhaltige Geldanlagen geantwortet hat. Daher wenden wir uns an Sie als Fachpolitiker, um Ihnen einige Gedanken aus Sicht freier und nachhaltig orientierter Finanzberater/innen zu übermitteln.

Nun haben wir mit der BAFin bereits eine Instanz, die zur Beaufsichtigung auch von Finanzprodukten geschaffen wurde. Wie sich aber erneut anlässlich der Causa Prokon zeigte, ist die BAFin leider ein zahnloser Tiger. Denn dieser Aufsicht waren die Ungereimtheiten bei Prokon lange bekannt, wie die BAFin-Präsidentin Elke König eingeräumt hat (ZEIT v. 13.02.2014, S. 27).

Viele Regulierungen sind in den letzten Jahren in Kraft getreten. Sie betreffen allerdings in erster Linie die Finanzberatung und -vermittlung, was zwar formal mehr einsehbare Informationen bedeutet, andererseits aber in der Hauptsache bürokratischen Zusatzaufwand und eine Dokumenten- und damit Papierflut zur Folge hat. In praxi bringt es aber keinen erkennbaren Nutzen für den/die Verbraucher/in.
Der Ruf nach Mindeststandards (financial und non-financial criteria) wird zu Recht lauter. Derzeit arbeiten zum Beispiel Projektgruppen des Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) und der Stiftung Warentest in Kooperation mit Verbraucherzentralen an einem Selektions- und Labelprozess in Bezug auf Publikumsfonds.

Auf Seiten der Produktanbieter sind einige Leitplanken per Gesetz neu gezogen. Letztlich gibt es aber keine materielle Prüfung durch eine anerkannte Instanz, wie die BAFin selbst einräumt. Dies sei nicht ihr Auftrag.

Nun kann man trefflich darüber streiten, wieweit der fürsorgende Staat (und die von ihm beauftragten Institutionen) die Bürger/innen bevormunden soll oder muss. Allseits gewünscht ist schließlich „der mündige Verbraucher“. Die Grenze zwischen Verbraucherschutz (vor unlauteren und absolut ungeeigneten Finanzprodukten) und Entmündigung (Ausschluss oder Verbot be-stimmter Anlageformen) ist nicht so einfach zu ziehen.

Wenn ein Instrument für wirksamen Verbraucherschutz in Sachen Finanzen und Vorsorge entwickelt werden soll, muss am Ende des Prozesses ein rechtlich, fachlich und gesellschaftlich anerkanntes Institut stehen, das selbst jederzeit der Prüfung unterliegt. Es muss unseres Erachtens folgende Kriterien erfüllen:
• Klar definierter Auftrag, welche Sachverhalte zu prüfen und zu bewerten sind. Dazu gehören u.E. auch nichtfinanzielle soziale und ökologische Mindestanforderungen.
• Katalog von möglichen Sanktionen bei Verstößen (von Nachbesserungsfrist bis hin zum Vertriebsverbot) einschließlich Regelung möglicher Rechtsmittel gegen einen Entscheid
• Prüfinstanz (BAFin oder angeschlossenes Institut) mit vertriebsunabhängigen und fachkundigen Personen
• Berichtspflicht und jährliche Außenprüfung durch eine unabhängige Stelle (Ombudsfrau/mann, Parlamentsbeauftragte/r o.ä.)
• Begleitung durch einen Fachbeirat, in dem alle relevanten Stakeholder angemessen vertreten sind. Mit dem BAFin-Verbraucherbeirat ist dazu ein Gremium installiert, dessen Zusammensetzung durch die Mitwirkung der Beraterebene erweitert werden sollte.
• Transparenz des Prüfprozesses
Gemäß den Selbstverpflichtungen in unserem Verhaltenskodex möchten wir uns als kompetente Gesprächspartner in diesem Prozess anbieten. Durch unsere Vernetzungen mit anderen Akteuren, die ausdrücklich nicht das Abzocken oder die Maximalprovision antreibt, glauben wir, wichtige Anstöße geben zu können.

Mit freundlichen Grüßen

ökofinanz-21 e.V.
-Vorstand-