ö21-Frühjahrstagung in Bonn: Finanzberatung mit Weitblick

Global denken – lokal handeln. Geldanlage mit Weitblick. Unter diesem Motto trafen sich über 30 Mitglieder von ökofinanz-21 mit Gästen und Referenten zur Frühjahrstagung am 28. und 29. März im Bonner Universitätsclub. Impulse gaben mehrere Referent*innen von GermanWatch, der Stadt Bonn, Fördermitgliedern und einer NGO.

Themen der Nachhaltigkeit haben die Finanzbranche inzwischen erreicht (siehe Beitrag „Durchbruch in Büssel“). Ökofinanz-21 sieht sich in diesem Prozess als Frontrunner und kritisches Netzwerk, damit die Finanzströme wirksam und nachhaltig umgelenkt werden.

Hier ein Bericht von der Tagung:

  • global

Christoph Bals ist als politischer Geschäftsführer der NGO GermanWatch seit vielen Jahren in Sachen Energie- und Klimawende unterwegs, zuletzt z.B. auf der UN-Klimakonferenz in Katowice. Unter der Leitfrage Tun wir, was nötig ist? referierte Bals über die Herausforderungen durch die Klimakrise und die Notwendigkeit, schneller und wirkungsvoller zu handeln als bisher. Der Kapitalmarkt und die Politik haben die Mittel in der Hand zum Umsteuern. Die Macht der Verbraucher allein reiche nicht.

  • lokal

Carsten Buschmann zeigte den „Bonner Weg zur nachhaltigen Kapitalanlage“ am Beispiel der Stadt Bonn, wie die beschlossene Nachhaltigkeitsstrategie konkret bei den städtischen Finanzen Zug um Zug umgesetzt wird. Die konsequente Umsetzung nach den definierten Wertmaßstäben bedeute, sich von manchen Investments zu verabschieden, die einen schädlichen Einfluss auf Mensch und Natur haben, z.B. Kohleverstromung.

  • Weitblick

Am zweiten Tag ging es um die Bedeutung eines der elementaren Menschenrechte: „Wasser – mehr als nur ein interessantes Investmentthema“. Anlässlich des Weltwassertags am 22. März meldete die UNESCO, dass 2,1 Milliarden Menschen keinen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser haben.

Ingo Scheulen erklärte, dass ökofinanz-21 die Finanzmärkte verstärkt danach bewertet, welche Wirkung sie auf die UN-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung haben. Immerhin haben 4 der 17 SDGs einen konkreten Bezug zum Thema Wasser. Deshalb waren vier Referent*innen eingeladen, aus unterschiedlichen Perspektiven das Thema zu beleuchten.

  • Wasser – ein Menschenrecht

Jan Sobotta zeigte, wie die Kapitalanlagegesellschaft Swisscanto (Fördermitglied von ökofinanz-21) entlang der Wertschöpfungskette geeignete Investments identifiziert für ihren Wasser-Fonds (ISIN LU0302976872). Nicht nur hierbei und bei den der ausgewiesenen Sustainablity-Fonds sehe sich Swisscanto den Nachhaltigkeitszielen verpflichtet, sondern mehr und mehr insgesamt.

Bernhard Engl vom Fördermitglied Forest Finance zeigte am Beispiel des Projekt-Investments Oase 1 in Marokko, wie mit dem begrenzt verfügbaren und damit kostbaren Wasser umgegangen wird. Mitten in der Wüste wird rund um eine Oase eine nachhaltige Bewirtschaftung (vorwiegend Datteln) verfolgt. Dies schafft wirtschaftliche Zukunft in einem schwierigen Umfeld und ist zudem ein Beitrag gegen eine Ausbreitung der Wüste.

Edda Schröder war nicht zum ersten Mal Gast bei ökofinanz-21. Die Gründerin des Mikrofinanzfonds Invest-in-Visions berichtete von ihrer Recherche und ihren Reisen in Länder des globalen Südens. Mithilfe vom Kleinkrediten bekommen Kleinunternehmen und Genossenschaften (in der Mehrzahl Frauen) die Finanzmittel, um sich eine wirtschaftlich tragfähige Existenz auf- und auszubauen.

August Ilg berichtete von der Projektarbeit der Andheri-Hilfe in Bangladesh und Indien, wo die Wasserkrise sich verschärft hat. Speziell in ländlichen Regionen gibt es keine Universallösung. Es erfordert neues Denken, die Überwindung überkommener Verhaltensweisen und die Aktivierung der Potenziale vor Ort. Die Arbeit sei nur möglich durch das Engagement vieler Ehrenamtlicher und durch Spenden.

Im Anschluss ergab sich eine lebhafte Diskussion, bei der alle Aspekte wie Korruption und Privatisierung des Gemeinguts Wasser zur Sprache kamen. Es war für alle eine Anwesenden eine Bereicherung für den globalen Weitblick.

  • Profilierung von ökofinanz-21

Die Anforderungen an die Finanzberatung sind in den letzten Jahren gewachsen. Deshalb ging es nicht nur um den Erfahrungsaustausch, sondern um die Qualifizierung und die Arbeit an der Profilschärfe des Beraternetzwerks. In vier Arbeitsgruppen wurden und folgende Themen diskutiert:

  1. Beratungsprozesse: Integrierung der ESG-Kriterien in die Kundenberatung
  2. Technik und Tools: Hilfsmittel und Informationsquellen für den Arbeitsalltag
  3. Profilschärfe: Werte und Kriterien für nachhaltige Geldanlagen
  4. Lobbyarbeit und Vernetzung: Kooperation mit anderen Akteuren und Einflussnahme auf Entscheider in Politik und Finanzwirtschaft

Auf der Herbsttagung am 11./12.11.2019 in Erfurt werden die Ergebnisse beraten und zur Schärfung des Profils des Netzwerks beitragen. Dies ist umso notwendiger, als mehr und mehr Akteure auf den Zug „Nachhaltigkeit“ aufspringen. Teils aus Überzeugung, oft aber mit wenig Kompetenz und Glaubwürdigkeit.