Nachhaltigkeit transparent machen

Nach 2 Jahren Vorarbeit war es gestern soweit, ganz bewusst am „Aktionstag Nachhaltigkeit“: Der erste Aufschlag für mehr Transparenz bei nachhaltigen Investmentfonds ist getan. Mit der FNG-Matrix und dem FNG-Nachhaltigkeitsprofil für Fonds wurde ein Handwerkszeug entwickelt, mit dem eine Vorsortierung anhand von Kernfragen zur Nachhaltigkeit möglich ist.

Die Informationen dazu finden sich auf der Web-Seite des Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG): https://www.forum-ng.org/de/fng/aktivitaeten/168-orientierungshilfen-fuer-nachhaltiges-anlegen.html

Wir werden von unserer Homepage aus drauf verlinken. Jede/r ist eingeladen, das ebenfalls zu tun.

Manches ist sicher noch verbesserungsfähig. Wir wollten aber nicht warten, sondern endlich an den Start gehen. Ohnehin handelt es sich um einen fortlaufenden Prozess. Anregungen und Kritik sind erwünscht und werden beachtet.
Die Idee dazu kam aus unseren Reihen. Wir bedanken uns beim Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG), insbesondere beim Vorstand und der Geschäftsstelle, dass diese Initiative aufgegriffen und umgesetzt wurde. Ferner haben wir allen Mitstreitern in der Projektgruppe zu danken, die diese Arbeit begleitet und mitgestaltet haben, viele davon ehrenamtlich.

Die ersten Resonanzen in Medien gab es schon heute, z.B. im „Handelsblatt“.  Dr. Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, kommentierte schon unsere gestrige Präsentation in Berlin:

„Die heute vom Forum Nachhaltige Geldanlagen vorgestellte Matrix und die dazugehörigen Nachhaltigkeitsprofile sind ein guter Schritt hin zu mehr Transparenz und Vergleichbarkeit im Markt nachhaltiger Geldanlagen. Denn allzu oft ist heute unklar, was genau sich hinter Fonds verbirgt, die mit dem Begriff „nachhaltig“ für sich werben.

Gerade deswegen aber ist es weiter wichtig, auf gesetzliche Mindestkriterien hinzuarbeiten, die erfüllt sein müssen, damit sich ein Produkt nachhaltig nennen darf. Nicht jeder Anleger, der gerne Sinnvolles mit seinem Geld tun möchte, hat die Kapazitäten und den Willen, sich über viele Einzelbestandteile eines Fonds zu informieren, sondern möchte – ähnlich wie

beim Bio-Siegel – auf den ersten Blick wissen, ob ein Produkt wenigstens Mindeststandards erfüllt. Die Matrix und die Nachhaltigkeitsprofile können als wichtiger erster Schritt zur Entwicklung eines solche Mindeststandards gesehen werden, der zusätzlich notwendig ist. Auch ist es wichtig, dass die Inhalte der Matrix kontinuierlich und auch von unabhängigen Akteuren außerhalb der Branche überprüft werden, um „Greenwashing“ soweit wie möglich zu verhindern.“

Es geht natürlich um mehr als nur um Investmentfonds. Das FNG-Projekt umfasst nur ein Segment aus der Finanzwelt. Weitere Baustellen warten auf Bearbeitung: geschlossene Fonds und andere Kapitalanlagen, Altersvorsorgeprodukte, Bankanlagen bis hin zu den öffentlichen Finanzen.

Mit Geld wird viel bewegt, in die eine oder die andere Richtung. Deshalb dürfen wir die Finanzwelt nicht den bisherigen Hauptakteuren überlassen. Denn die Welt steht vor gewaltigen Herausforderungen, dazu wird auch Geld gebraucht, viel Geld:

  • Der fortschreitende Klimawandel ist bislang nicht gebremst. Eine wirksame Energiewende ist noch nicht auf den Weg gebracht.
  • Der Kampf um die endlichen Ressourcen wird sich verschärfen.
  • Soziale Ungleichheiten und Spannungen nehmen zu.
  • Die Globalisierung führt zu sozialen, ökonomischen und kulturellen Verwerfungen, auf die wir kaum vorbereitet sind – weder die Menschen, noch die Wirtschaft und die Staaten.
  • Der demografische Wandel wird schon in naher Zukunft viele Gesellschaften vor ernsthafte Probleme stellen.
  • Und nicht zuletzt: Die Dominanz unregulierter Finanzmärkte bedroht akut die Zukunftsfähigkeit vieler Gesellschaften.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat – ebenfalls am „Aktionstag Nachhaltigkeit“ – sein Gutachten für 2012 veröffentlicht. Es steht unter der Überschrift „Verantwortung in einer begrenzten Welt“. Grenzenloses Wachstum ruiniert unsere Lebensgrundlagen, lautet die klare Botschaft.

Alle diese Fragen werden auf dem „Erd-Gipfel“ vom 20. bis 22. Juni in Rio de Janeiro verhandelt. Zwanzig Jahre nach der Initialzündung durch die erste UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung sind die Erwartungen tief gehängt. So sieht die Grüne Liga ein „fatales Signal“ darin, dass die Bundeskanzlerin es nicht für wichtig erachtet, daran teilzunehmen. Die NGO GermanWatch hat Rio20+ eine Ausgabe ihrer Zeitschrift „Weitblick“ gewidmet, die hier zum Download kostenfrei bereit steht: http://germanwatch.org/de/download/4253.pdf

Die Finanzkrise scheint zu einer chronischen Krankheit geworden zu sein. Die künstliche Aufblähung des Geldmarktes, der neuerliche Kursverfall an den Börsen und die früher oder später notwendige Entschuldung durch Entwertung des Geldes verlangt, neu und grundsätzlich über den Umgang mit Geld nachzudenken. Auch dazu ist neue Nachhaltigkeits-Tool des FNG ein Beitrag.

Ingo Scheulen