Die Frühjahrstagung in Berlin 2023

Nachhaltige Geldanlage heute – Fluch und Segen des Mainstreams

Eine Tagung mit hochkarätigen Gästen und regem Austausch

Es war ein ganz besonderes Treffen in diesem Frühling. Nicht nur der Ort, sondern auch der Anlass war ein besonderer: Die Mitglieder des Netzwerks ökofinanz-21 trafen sich, um das 20-jährige Bestehen des Vereins zu feiern und luden dazu am 27. und 28. April 2023 in die Räume der taz ein.

Die Chefredakteurin der Tageszeitung, Barbara Junge, begrüßte alle Teilnehmer*innen, betonte die Wichtigkeit des Themas nachhaltiger Geldanlagen und öffnete für ö21 die oberste Etage: den lichtdurchfluteten, sogenannten Raum der Möglichkeiten, den auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der taz nutzen, um mit viel Himmel drum herum Gedanken und Ideen fliegen lassen zu können.

Offen und intensiv wollten die Finanz-Expertinnen und Experten an diesem luftigen Ort das Thema „Nachhaltige Geldanlagen heute – Fluch und Segen des Mainstreams“ diskutieren – in Panels, Workshops und im Austausch unter den Mitgliedern und Gästen. Denn längst ist das Thema „Grünes Geld“, in der breiten Öffentlichkeit angekommen und wird mit immer mehr Siegeln, Labeln und Ratings und mittlerweile auch Verordnungen versehen. Aber kann das Alles interessierten Anleger*innen die Orientierung in diesem vielschichtigen Markt wirklich leichter machen? Und auf welche Leitlinien können sich Berater*innen verständigen, um wirksame und damit auch tatsächlich nachhaltige Geldanlagen zu identifizieren?

20 Jahre ökofinanz-21

Trotz der wichtigen Themen, die auf der Agenda standen, kam das Feiern nicht zu kurz. Ganz im Gegenteil: Es stand am Anfang und Ende des ersten Tages in Berlin. Zahlreiche Wegbegleiter – vom FNG-Vorstandsvorsitzenden Bernhard Engl über junge Mitglieder des Netzwerks und langjährige Fördermitglieder – gratulierten zum Jubiläum und berichteten, wie wichtig der Austausch mit ö21 sei. Sie alle profitieren vom Expertenwissen der Kolleginnen und Kollegen, von den Informationen und Diskussionen auf den Tagungen und vom Engagement des Vereins, nachhaltige Geldanlagen für Verbraucher*innen ebenso wie für Anbieter und Berater*innen zu durchleuchten.

In einem Interview berichtete der Mitgründer und langjährige Vereinsvorstand Ingo Scheulen über die Motivation für die Vereinsgründung und die seitherige Entwicklung.

Abends trafen sich Mitglieder und Gäste in der taz-Kantine zum gemeinsamen Essen und Feiern, begleitet von einer Dia-Show über Geschichte und Mitglieder des Vereins.

Das Spendenprojekt zum Jubiläum von ökofinanz-21

Die Organisator*innen der Tagung hatten Vertreter der Couragous Kids Foundation eingeladen, u.a. Karl Köckenberger, ehemaliger Vorstand von Zirkus macht stark, der für sein Engagement das Bundesverdienstkreuz erhalten hat. Sie stellten das Projekt in Malawi vor, mit dem sie gefährdeten Kindern und Jugendlichen neben Zirkustrainings eine Schulbildung und damit Zukunft ermöglichen. Es war beeindruckend zu sehen, mit wie wenigen finanziellen Mitteln Großes geleistet werden kann, wenn engagierte Menschen zusammenarbeiten und sich für eine gute Sache einsetzen. In diesem Sinne nutzten viele Anwesende die Möglichkeit und warfen ihre Spenden in das kleine Zirkuszelt, das als Spendenbox aufgestellt worden war.

 

Blickpunkt Biodiversität: Hochkarätige Gastrednerin und anschließende Diskussion

Die ebenso engagierte wie renommierte Journalistin Susanne Bergius hielt den Vortrag „Naturerhalt braucht Engagement und Lösungen – auch von deutschen Investoren“. Sie hob darin die ökonomische Relevanz von Ökosystemen hervor: 55 Prozent des globalen BPI hingen von natürlichen Ressourcen ab. Um diese zu erhalten, seien Klimaschutz und der Schutz der Biodiversität gleich wichtig und ließen sich als „Zwillingskrisen“ nur gemeinsam lösen.

Leider gebe es für beide keine einfachen Lösungen, nur das Zusammenwirken von Wirtschaft, Politik, Institutionen und Menschen vor Ort könne diese vielschichtigen Probleme bewältigen. Der Finanzwirtschaft weist sie dabei eine tragende Rolle zu. Bislang würde sie vor allem Geschäftsmodelle finanzieren, die nur deswegen funktionieren, „weil sie für negative externe ökologische Kosten nichts zahlen müssen“. Geldgeber und Investoren könnten aber viel tun, um Biodiversität zu schützen, indem sie internationale Initiativen verstärken und Finanzflüsse mit dem Global Biodiversity Framework (GBF) der UN verbinden.

„Die naturverträgliche Transformation sollte ein Prüfpunkt sein für Investitionsfähigkeit und Kreditwürdigkeit!“, fordert Susanne Bergius und nennt Beispiele aus der Wirtschaft, die Hoffnung machen, weil sie ihr Unternehmenskonzept an dem Wohlergehen der Umwelt ausrichten. „Vorbilder weisen den Weg. Komplexität ist kein Grund für Untätigkeit“, lautet ihr Fazit, das von den interessierten Zuhörer*innen im „Raum der Möglichkeiten“ aufgenommen und in der anschließenden Diskussion rege diskutiert wurde.

Julius von Sambeck vom ö21-Fördermitglieds Ethius Invest Schweiz, leitete die Diskussion, die nach vielen Fragen an und Antworten von Susanne Bergius zum Schluss kam: Es müssen noch sehr viele Konzepte erarbeitet und weiterentwickelt werden, damit nicht mehr die Zerstörung, sondern der Erhalt von Ökosystemen bezahlt und gefördert werden. Ist z.B. die Bepreisung von Natur ein Schlüssel hierfür oder birgt das Konzept auch Gefahren?  Die Finanzbranche allein werde keine Lösung bringen können, Regierungen, Verwaltungen und engagierte Menschen müssen gemeinsam etwas bewirken.

Für die Beurteilung von nachhaltigen Geldanlagen ist elementar: Was fällt überhaupt unter diesen Begriff und wie kann man die Nachhaltigkeit eines Unternehmens und einer Geldanlage überhaupt bewerten? Und sind dann diese Bewertungen nachvollziehbar, vergleichbar und zielführend und somit:

Sind Nachhaltigkeitsratings die Lösung?

Unter diesem Titel und versammeln sich zum ersten Panel der Tagung Experten, die tief in der Materie drin sind: für die Anbieter von Ratings Gesa Vögele von Imug, Kristina Rüter von ISS-ESG und, Armand Colard von ESGplus, Roland Kölsch vom QNG als Vertreter des FNG-Siegels, Gunter Greiner für das Investmenthaus wiwin und Mauro Meggiolaro, Shareholders for Change, als Moderator.

An den Eingang der Diskussion stellte der Moderator kritische Fragen an die ESG-Ratings:

Diese werden als unzuverlässig kritisiert, z.B. weil sie stark voneinander abweichen; Skandale oder schwerwiegende Kontroversen, von denen Unternehmen betroffen sind, ungenügend vorherzusehen; das Feedback wichtiger Stakeholder wie NGOs, Gewerkschaften oder Asset Manager nicht ausreichend berücksichtigt wird und kleine und mittlere Unternehmen tendenziell unterbewertet werden. Es sollte aber auch diskutiert werden ob ESG-Ratings trotz aller Kritik im aktuellen Finanzsystem von grundlegender Bedeutung sind und was getan werden könnte, um sie zuverlässiger und allgemein akzeptiert zu machen.

Deutlich wurde, dass die Unterschiede in den Ratings zwangsläufig sind, als Unternehmen der Privatwirtschaft gibt es einen Wettbewerb unter den Ratingagenturen. Jede Ratingagentur hat ihre eigenen Standards und Prozesse und verwertet Unternehmensdaten verschieden. Unterschiedliche Datenerhebungen führen zu unterschiedlichen Ergebnissen, obendrauf kommt die unterschiedliche Bewertung. Auch weil kleinere und mittlere Unternehmen in der Datenqualität schlechter aufgestellt sind und so oft nicht berücksichtigt werden können oder sie deswegen ein schlechteres Rating bekommen.

Ratingagenturen sind also Marktteilnehmer, deren Entscheidungen unbedingt nicht als sakrosankt anzusehen sind. Kein Investmenthaus sollte sich nur auf eine Ratingagentur oder nur auf externe Ratings stützen, sondern ein eigenes Research betreiben, um die Ziele des Investments abbilden zu können. Allerdings besteht aufgrund der EU-Regulatorik und den Anforderungen der Kapitalverwaltungsgesellschaften (aus Sorge, rechtlich angreifbar zu sein) die Gefahr einer Marktbeeinflussung durch die großen Ratingagenturen.

Nun sind also ESG-Ratings nicht die Lösung, aber sie können und sollen einen Beitrag leisten, grundsätzlich sind sie bei der Erfassung und Aufbereitung von ESG-Themen unverzichtbar.

Wenn wir nun wissen, dass Investments bestimmte Nachhaltigkeits-Ziele anstreben sollen oder eigentlich auch müssen – und da gehört die Berücksichtigung der Auswirkungen auf Biodiversität unbedingt dazu – und wenn wir davon ausgehen, dass Ratings, sofern diese auf die jeweils passenden Daten zugreifen können – was ja z. B. im Hinblick auf die Biodiversität bislang nur rudimentär abgebildet wird – nützliche Einordnungen leisten können, dann haben wir es immer noch mit der Fragestellung zu tun, was bei den dergestalt zielgerichteten und gerateten Investments eigentlich wirkt …

Nachhaltige Wirkung auf dem Prüfstand 

Es diskutierten mit Moderation von Bernhard Engl: Julia Dubslaff von Urgewald, Tommy Piemonte von der Bank für Kirche und Caritas, Michael Bogosyan von der Dextro Group und Jan Sobotta von Swisscanto.

Am Anfang stand im Grunde die Kontroverse zwischen zwei Investitionsrichtungen: Ist eine nachhaltige Wirkung nur mit dem Ausschluss von kontroversen Branchen und Unternehmen zu erreichen, indem man diese nicht finanziert bzw. deinvestiert? Oder braucht es gerade das Investieren in kontroverse oder sich im Umbruch befindliche Unternehmen, um über Engagement und Finanzierung die Transformation zu befördern?

Argumente gibt es für beide Sichtweisen. Gibt es nicht genug Unternehmen, die unbeeindruckt von formulierten Nachhaltigkeitszielen ihre z. B. fossilen Geschäftstätigkeiten sogar ausbauen und hat sich Engagement hier bewiesen? Aber können Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit ohne Investorengeld ändern und liegt in der Transformation von großen Unternehmen nicht eigentlich der viel größere Hebel als sowieso „grüne“ Unternehmen zu finanzieren? Unabhängig von dieser Fragestellung wäre für einen Wirkungsnachweis zusätzlich der Nachweis zu führen, ob eine Änderung der Unternehmenspolitik aus wirtschaftlichen oder opportunistischen Gründen sowieso erfolgt oder ob ein Engagementprozess oder drohende Kappung von Finanzmitteln dazu führen.

Betrachtet man die Wirkung nachhaltigen Investierens, geht es also nicht nur um das wie, sondern auch um das „ob überhaupt“. Erschwerend kommt hinzu, dass man keine lineare Entwicklung, die einfach in Zahlen zu erfassen ist, erwarten kann.

Letztlich werden viele Wege nach Rom führen. Was gesichert nötig sei für Investorinnen und Investoren: Transparenz, Berichtspflichten, regulatorische Vorgaben (der Markt wird’s nicht allein richten). Die Politik ist beispielsweise bei einem starken Lieferkettengesetz gefragt – und dessen Durchsetzung.

Am Ende haben die Investor*innen die Verantwortung, sich genau zu überlegen, was sie wollen, wie sie wirken möchten. Liegen ausreichend Informationen vor, müssen Anlegerinnen und Anleger diese mit ihren Anforderungen abgleichen, bei aller gegebenen Komplexität ein Bild machen bzw. von den Beratenden ins Bild gesetzt werden, sofern schlüssig mit Unterstützung von Ratings und Siegeln …. Auch Engagement braucht Transparenz – und muss transparent über das Vorgehen und Abläufe berichten: über die Ziele, die konkreten Forderungen und die Konsequenzen. Besser geht das mit vereinten Kräften, wie z. B. bei „Shareholders for Change“.

Workshops – die Aufgaben für das Netzwerk

Auch oder gerade bei einer Jubiläumsveranstaltung kann sie nicht fehlen: die Arbeit daran, wie Dinge umgesetzt werden können.

Der Titel des Workshops „Engagement gegenüber Pools – EET-basierte Nachhaltigkeitsselektion“ hört sich sperrig an, tatsächlich aber betrifft das ein Thema, mit dem unabhängig Beratende seit Wirksamwerden der Nachhaltigkeitsregulatorik eminent zu tun haben:

Marcel Malmendier (Investmentkontor RheinRuhr) berichtet über die Aktivitäten der Arbeitsgemeinschaft Engagement, in der Andreas Korth, Frank Härtling-Mollhelm und Marcel Malmendier Engagement gegenüber Asset Managern betreiben. Julius von Sambeck (Ethius Invest) vertiefte mit Einsichten zu den European ESG Templates (EETs).

Aktuell ist für die meisten Asset Managements die Einordnung ihrer Investments in die europäische Nachhaltigkeits-Regulatorik eine große Herausforderung. Deswegen setzte die Arbeitsgemeinschaft Engagement in den letzten Monaten dort an, wo Nachhaltigkeitsinformationen für Berater und Vermögensverwalter aufbereitet werden. Hier spielen Pools eine zentrale Rolle. Marcel Malmendier stellte das Engagement gegenüber Fondsnet vor sowie deren Konzept zur Aufbereitung von Nachhaltigkeitsdaten, auch aus den EETs. Die Diskussion machte anschaulich: Die Selektionsmöglichkeiten nach Nachhaltigkeitskriterien unterscheiden sich aktuell noch deutlich zwischen verschiedenen Pools. Ebenso wurde deutlich: In puncto Nachhaltigkeitsinformationen findet sich bei allen Pools noch Luft nach oben.

Vertieft wurde diese Diskussion mit Einsichten, welche Nachhaltigkeitsdaten zu einzelnen Fonds aus den EETs herausgelesen werden können. Julius van Sambeck stellte dazu das EET zum Ethius Global Impact vor. Dieser liefert als einer von wenigen Fonds bereits Daten zur Zielerfüllung gemäß SFDR. Daten zur SFDR-Konformität sind aktuell ebenso wie Daten zur Taxonomie-Erfüllung noch Mangelware im Markt. Dagegen sieht es bei der Erfüllung der Principle Adverse Impacts (PAIs) bereits besser aus. In der Diskussion mit anderen Fondshäusern zeigten sich die Schwierigkeiten bei der Befüllung der EETs: Dank der EETs erhalten wir zwar mehr Nachhaltigkeitsinformationen in standardisierter Form. Die Verfahren zur Befüllung der einzelnen Datenfelder sind jedoch noch wenig standardisiert. Vom Ziel der Vergleichbarkeit der Daten sind wir damit noch ein gutes Stück entfernt.

Ein Workshop für alle ö21-Mitglieder zum Thema „EETs effektiv Lesen lernen“ soll folgen. Auch kann die nächste Tagung eine Plattform bieten, um sich mit Vertreter*innen von Maklerpools auszutauschen.

Unmittelbar mit diesem Thema hängen zumeist die Beratungsprozesse bei der Vermittlung von Investments zusammen, da die Maklerpools ihre digitale Prozessstrecke zur Dokumentation und Beantragung eben mit diesen Daten befüllen. Aufgrund der Bedeutung ein Thema für die AG Beratungsprozesse.

Die Situation ist im Grunde prekär: Die EU-Regulatorik ist noch mitten in der Entwicklung, vieles ist noch nicht klar, Daten fehlen (siehe oben), die Vorgaben zur „Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen“ sind aber fixiert und bringen die Beratung zu nachhaltigen Geldanlagen in das Dilemma, dass Anforderungen der Kund*innen und das Angebot an nachhaltigen Fonds sich kaum matchen. Ingo Scheulen: „Wir sind in einer Übergangszeit zwischen Entwicklung der Regulierungen, Anforderungen der Kunden und Verunsicherung der Berater und Beraterinnen, die Angst haben müssen, den Gesetzen und Anordnungen nicht korrekt zu entsprechen“.  Um eine kundenorientierte Beratung zu nachhaltigen Investments durchführen zu können, muss man die Abfrage im Grunde umgehen (man macht das Häkchen bei „eine nachhaltige Anlage ist nicht gewünscht“), um dann im Sinne der Kunden und Kundinnen dann die Fonds zu empfehlen, über die man sich nach bestem Wissen und Gewissen informiert hat und die den eigentlichen Anforderungen der Anlegenden am besten entsprechen.  Die Einladung eines Fachanwaltes zu einer kommenden Tagung könnte ggf. hilfreich sein, damit Berater*innen mehr erfahren, wie sie juristisch sicher unterwegs sein können.

Zu den Informationen, die Vermittler*innen oft nutzen, gehören die FNG-Nachhaltigkeitsprofile. Im Workshop hierzu stellen Nathalie Ziegler und Sascha Görlitz (beide vom FNG) die aktuelle Überarbeitung der Profile vor. In den Profilen stellen Fondsanbieter in einer vorgegebenen Struktur per Selbstauskunft die wesentlichen Nachhaltigkeitsparameter vor. Bei der fast inflationären – aber auch von Gesetzgeber intendierten – Zunahme an Informationen, die aber meistens unübersichtlich und kaum vergleichbar daherkommen, worunter wiederum die Transparenz leidet, werden die FNG-Nachhaltigkeitsprofile von den Beratern und Beraterinnen weiterhin als hilfreich bei der Recherche angesehen. Die Überarbeitung hat weitere Informationen und eine Erweiterung um die Klassifizierungen nach der EU-Regulatorik gebracht.

Eine leichtere Auffindbarkeit der Profile im Web wäre hilfreich, möglicherweise noch deutlicher kann der Charakter der Profile für Verbraucher als Selbstauskunft hervorgehoben werden. Sofern möglich können einzelne Punkte – wie z. B. zum Thema Umwelt/Biodiversität – weiter differenziert werden. Festzuhalten ist, dass die Nachhaltigkeitsprofile sicherlich zu mehr Transparenz beitragen.

Da viele Mitglieder von ökofinanz-21 auch Versicherungsmakler sind, ist auch die Geldanlage bei Versicherungen ein Thema. Und damit ebenfalls die Fondsauswahl bei Versicherungsanlageprodukten. Neben der Problematik, dass auch hier die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen greift, entspricht die begrenzte Auswahl der Versicherer an Nachhaltigkeitsfonds selten den Anforderungen, die Verbraucher haben und denen von im Thema Nachhaltigkeit informierten Vermittlern und Vermittlerinnen

Die Arbeitsgruppe Engagement bei Lebensversicherungen, federführend von Mike Schramm geleitet, möchte ein nachhaltigeres, größeres Angebot der Versicherer erzielen und dafür an Entscheider*innen bei Versicherungen herantreten. Für ein nachhaltigeres Fondsangebot wird eine Beispielliste entwickelt und den Versicherern vorgelegt. Auf diesem Wege kann das Netzwerk, indem es für viele spricht, mehr erreichen als ein einzelner Vermittler.

Nachhaltige Geldanlage heute – Fluch und Segen des Mainstreams. Wir hatten in der Vorbereitung sinnigerweise nicht die Frage gestellt, ob es Fluch oder Segen ist. Denn es hat sich gezeigt: Es ist beides zugleich.

Zwar ist das Thema Nachhaltigkeit, auch in der Geldanlage, immer präsenter, in Medien, Gesetzen und Gesellschaft, und bringt daher den Segen, dass sich immer mehr Investoren bewusstwürden, dass sie ihr Geld lenkend und zukunftsorientiert einsetzen können – und sollten.

Gleichzeitig bringt die wachsende Bedeutung nachhaltiger Geldanlagen gesteigerte Erwartungen und Anforderungen mit sich, welche – und das ist der Fluch – bei der gegebenen Komplexität nie mit einfachen Antworten befriedigt werden können. Und wie man diagnostizieren kann, sind mit dieser Komplexität zumindest derzeit noch Gesetzgeber, Anbieter, Investierende, Beratende und Verbraucher*innen überfordert. Und da, wo die Komplexität reduziert wird und einfache Antworten scherenschnittartig fallen, wird es oberflächlich, Nachhaltigkeit gerne zum Marketing benutzt und kaum wirksam.

Bei nachhaltigen Investments geht es auch immer um Werte, welche gesellschaftlich verhandelt und individuell entschieden werden. Und für diese Entscheidungen können Ratings und Siegel Hinweise geben und sollten nachvollziehbar und maximal transparent sein, wie auch die Investments selbst. Das wurde auf der Tagung deutlich, Aufgaben für ökofinanz-21 und die nächsten Tagungen ergeben sich daraus wie von selbst.

Marcus Brenken, Christine Sommer-Guist