10 Jahre Riester-Rente: Reparaturflicken ohne dauerhaften Nutzen

Die Euphorie über die staatlich geförderte Altersvor-sorge („Riester-Rente“) ist schon länger verflogen. 10 Jahre nach deren Einführung sind Anlass genug, eine kritische Zwischenbilanz zu ziehen.Die Neuausrichtung der gesetzlichen Rentenversiche-rung war lange überfällig gewesen. Die demografische Entwicklung (weniger Kinder, mehr Alte, höhere Le-benserwartung, späterer Beginn des Erwerbslebens) hatten schon in den 80er Jahren dazu geführt, dass die laufenden Versicherungsbeiträge nicht mehr ausreich-ten, die Renten zu bezahlen. 30% Staatszuschuss war nötig. In den 90er Jahren sattelte die Regierung Kohl noch Leistungen drauf. Die Deutsche Rentenversiche-rung musste für Dinge aufkommen, die mit der Wiedervereinigung zu tun hatten, für die aber nie Beiträge eingezahlt worden waren. Eine fatale Fehlsteuerung!
Die Rentenformel wurde neu berechnet. Das führt dazu, dass das Niveau der Renten tendenziell im Vergleich zur Entwicklung der Einkommen absinken muss. Es sei denn, man erhöht die Beiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Das wollte man auf gar keinen Fall. Die späteren Rentner/innen sollten selbst bezahlen. Dafür sollte diese Lücke die so genannte Riester-Rente schließen – schmackhaft gemacht mit anfangs sehr geringen Beiträgen (1% vom Bruttolohn) und staatlichen Zulagen. Seit 2008 sind es konstant 4%. Davon zahlt der Staat jährlich fixe Zulagen von 154 pro „zulageberechtigten“ Erwachsenen und 185 EUR je Kind bzw. 300 EUR für je-des Kind, das nach dem 1.1.2008 geboren worden ist. Je niedriger das Gehalt, umso höher also die Förderquote.
So weit so gut. Kritisiert werden in der aktuellen Debatte meist folgende Schwachstellen:
1.    Das Verfahren zur Beantragung der Zulagen ist auf-wändig und führt sehr oft dazu, dass diese Zuschüsse nicht oder nicht in vollem Umfang ausgezahlt werden.
2.    Das angesparte Riester-Vermögen ist bis zur Rente zwar vor fremdem und eigenem Zugriff geschützt. Bei Auszahlung der Renten werden diese jedoch angerechnet, wenn jemand im Alter staatliche Grundsicherung braucht. Das eigene Sparen war dann für die Katz.
3.    Die Kosten für Provision und Verwaltung sind aus Sicht der Verbraucher unterschiedlich hoch, gele-gentlich zu hoch.
4.    Die Versicherer kalkulieren die Lebenserwartung seit einigen Jahren deutlich höher als noch 2002. Dies führt dazu, dass die berechneten Renten deutlich niedriger ausfallen. Die Rentabilität beginnt somit erst, wenn man/frau deutlich älter als 90 wird.
5.    Schließlich finden sich in nicht wenigen Riester-Produkten ethisch höchst fragwürdige Anlagen wie z.B. Wertpapiere von Streubombenherstellern.
6.    10 Jahre nach Einführung haben nur ca. 40% aller Förderberechtigten einen Riester-Vertrag abge-schlossen.
Ausgeblendet werden drei  weitere Aspekte:
7.    Die Gehälter steigen in der Regel Jahr für Jahr ein wenig. Die Förderzulagen sind jedoch eingefroren. Und angesichts der Überschuldung der öffentlichen Haushalte müssen wir davon ausgehen, dass dies auf längere Sicht so bleibt. Also steigt der Riester-Beitrag, der geförderte Teil hingegen, die Förderquote sinkt aber kontinuierlich.
8.    Wenn die Kinder aus dem Haus sind, d.h. wenn kein Anspruch auf Kindergeld mehr besteht, fallen diese Zulagen weg und der Eigenanteil muss entsprechend aufgestockt werden.
9.    Die Inflation mindert die Kaufkraft der ursprünglich errechneten Riester-Rente. Das gilt selbst dann, wenn die Beiträge jährlich mit demselben Prozent-satz steigen wie die Inflationsrate! Denn jede Bei-tragserhöhung berechnet die Mehr-Rente auf Grund einer immer kürzer werdenden Restansparzeit.
Fazit:
•    Die Riester-Rente ist ein Reparaturflicken im System, der je länger, desto weniger nützt. Einen kleinen  Vorteil bedeutet er nur denjenigen, die ein unterdurchschnittliches Gehalt beziehen und viele Jahre von Kinderzulagen profitieren können.

•    Die bislang im Grundsatz  solidarische Sozialversicherung wurde (wie schon in der Krankenversicherung) weiter ausgehebelt – zu Gunsten der Arbeitgeber.

•    Es gibt begründete Annahmen, dass der Gesamtaufwand (Verwaltung, Provisionen, Zulagen) zu mehr Nutzen, Stabilität und Gerechtigkeit führt, wenn mit dem Geld direkt die umlagenfinanzierte gesetzliche Rentenversicherung gestützt würde.