Forum Nachhaltige Geldanlage Siegel – quo vadis?

Nein, die Antwort auf alle Fragen ist im Moment nicht 42, sondern 38. So viele Fonds haben am 23.11.2016, als das FNG-Siegel zum zweiten Mal nach 2015 vergeben wurde, das Siegel erhalten. Erfreulich, dass die ausgezeichneten Fonds Verbesserungen in ihren SRI-Prozessen erkennen lassen – das war eine der Grundmotivationen der Siegelentwickler im FNG.

Aber bei aller Freude über diese 38 ausgezeichneten Fonds und deren Entwicklung gibt es auch ein Problem: um Branchenstandard zu werden und damit nachhaltige Wirkung zu entfalten sind das bei weitem zu wenige. Marktdurchdringung wäre das Gebot der Stunde, damit das Siegel sein ganzes Potential entfalten könnte. Denn bei 38 Fonds haben Portfolio-Manager wenig Anreiz, das Siegel als Eingangsschwelle für die Aufnahme von Nachhaltigen Fonds in ein Portfolio z.B. für eine Nachhaltige Vermögensverwaltung zu verwenden. Risikostreuung ist damit noch nicht gestaltbar. Und Berater haben wenig Anreiz, bei der Empfehlung vorrangig auf gelabelte Fonds zurückzugreifen – zu viele interessante Fonds befinden sich jenseits dieser Menge.

Solange diese Situation so bleibt, gibt es zum Glück das FNG-Nachhaltigkeitsprofil bzw. die FNG-Matrix. Dort ist mit ca. 200 Fonds die Auswahl schon deutlich größer. Was bleibt, ist ein weinendes Auge, weil damit „nur“ Transparenz erzeugt wird, nicht aber Qualitätsschwellen abgebildet sind.

Deshalb ist das aktuelle Dilemma des FNG-Siegels nicht allein das der spärlichen Verwendung durch Portfoliomanager und Berater: hohe Marktdurchdringung ließe es auch zu, die „Schraube“ des qualitativen Anspruchs an Nachhaltigkeit weiterzudrehen. Die Qualität der zugrundeliegenden Siegel-Methodik wird überwiegend als umfassend und modern gelobt – vor allem im Vergleich mit reinen Screening-Ansätzen. Aber so könnten diskussionswürdige Titel, die kritische Geister zur Zeit noch in den Portfolios der gelabelten Fonds finden, schrittweise verschwinden. Denn wenn viele mitmachen, lassen sich Kriterien leichter erweitern oder verschärfen. Das war schließlich eine weitere elementare Motivation der Mütter und Väter des FNG-Siegels.

Am 1.1. tritt der neue GNG-Geschäftsführer Roland Kölsch sein Amt an. Ihm sind Ideen und Esprit zu wünschen, um das Ziel der Marktdurchdringung deutlich vorwärts zu bringen. Und vielleicht gelingt ihm sogar der Spagat, Elemente des Siegels wie die Global Compact-Kriterien mittelfristig auf eine regulatorische Ebene zu heben, damit sie verpflichtend werden. Dann gäbe es Hoffnung, dass das Siegel zeigt, was in ihm steckt.

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Sabine Pex, München, 29.11.2016